Lexikon, zuletzt bearbeitet am: 13.11.2023 | Jetzt kommentieren| Jetzt bewerten
Inhaltsverzeichnis
Ein schiedsgerichtliches Verfahren ist ein privates Gerichtsverfahren zur Beilegung von Streitigkeiten, welches nicht vor einem ordentlichen Gericht stattfindet, sondern vor einem institutionellen Schiedsgereicht oder einem Gelegenheitsschiedsgericht. Ein schiedsgerichtliches Verfahren kann sowohl vor dem einen als auch vor dem andren Schiedsgericht durchgeführt werden: während das Gelegenheitsschiedsgericht nur für jeweils eine einzelne Entscheidung gebildet wird, ist das institutionelle Schiedsgericht, welches meistens von Wirtschaftsverbänden eingerichtet wird, für eine bestimmte Art von Streitigkeiten zuständig. Das Gelegenheitsschiedsgericht wird auch als Ad-hoc-Schiedsgericht bezeichnet.
Ein schiedsgerichtliches Verfahren wird per einseitiger Erklärung oder aufgrund eines Schiedsvertrages entschieden. Die Entscheidung bezieht sich ausschließlich darauf, zu beurteilen, welche der beiden Parteien Recht hat. Darin unterscheidet sich das schiedsgerichtlicher Verfahren von einem Schlichtungsverfahren, bei dem es darum geht, eine gemeinsame Lösung des Konfliktes zu finden.
Als „Schiedsgericht“ wird ein juristisches Mittel bezeichnet, welches im Rahmen eines schiedsgerichtlichen Verfahrens der Streitbeilegung dienen soll. Dieses Schiedsgericht ist ein privates Gericht, welches in der ZPO ausdrücklich als eine Alternative zu stattlichen Gerichten erwähnt wird, durch Abrede in Vertragsform der beiden Parteien zusammentritt und danach seinen Schiedsspruch ausspricht. Der Schiedsspruch ist für beide Parteien rechtlich bindend und darf vor staatlichen Gerichten für vollstreckbar erklärt werden.
Wie viele Schiedsrichter für ein jeweiliges Schiedsverfahren zuständig sind, wird in der Regel von den Parteien selbst bestimmt. Dies ist ebenso Bestandteil des Vertrages wie die Ernennung individueller Personen als Schiedsrichter. Üblicherweise wird entweder ein einzelner Schiedsrichter ausgewählt, der aber drei; das sogenannte „Dreierschiedsgericht“. Bei diesem bestimmt jede Partei jeweils einen Schiedsrichter, welche wiederum gemeinsam einen Vorsitzenden wählen (Obmann). Sollten sich die Schiedsrichter der beiden Parteien nicht auf einen Obmann einigen können, so wird dieser von einer Ernennungsstelle ernannt.
Bei einem schiedsrechtlichen Vertrag handelt es sich um einen privatrechtlichen Vertrag, welcher eine Schiedsklausel enthält. Diese besagt, dass beide Parteien sich im Falle eines Rechtsstreites der Entscheidung des Schiedsgerichts unterwerfen.
Der Schiedsvertrag bedarf grundsätzlich der Schriftform. Er kann sowohl bei Vertragsschluss, als auch nachträglich für einen bestimmten Vertrag geschlossen werden. Auch besteht die Möglichkeit, ihn für einen Konflikt zu schließen, der bereits besteht. Zu beachte ist, dass der Abschluss eines Schiedsvertrages nur dann zulässig ist, wenn es sich bei der betreffenden Streitigkeit um eine handelt, über deren Gegenstand ein Vergleich geschlossen werden darf. Dies bedeutet, dass beispielsweise Ehestreitigkeiten nicht per Schiedsverfahren gelöst werden können.
Generell richtet sich ein schiedsgerichtliches Verfahren nach den §§ 1025 ZPO. In dem Schiedsvertrag können die Parteien aber diesbezügliche Abweichungen vereinbaren.
Ein Schiedsvertrag gilt als unwirksam, wenn eine der beiden Parteien von der anderen zu dessen Abschluss genötigt worden ist, was für ihn Nachteile bedeuten würde.
Als „Obmann“ wird der Schiedsrichter in einem schiedsgerichtlichen Verfahren bezeichnet, der von beiden Parteien gemeinsam – beziehungsweise von deren jeweiligen Schiedsrichtern – bestimmt wird.
Zu beachten ist, dass der leitende Obmann in einem schiedsgerichtlichen Verfahren ein Volljurist sein muss, also ein Richter, Anwalt oder ähnliches.
Wann eine Streitigkeit als „schiedsfähig“ bezeichnet wird, wird gemäß § 1030 ZPO geregelt:
„(1) Jeder vermögensrechtliche Anspruch kann Gegenstand einer Schiedsvereinbarung sein. Eine Schiedsvereinbarung über nichtvermögensrechtliche Ansprüche hat insoweit rechtliche Wirkung, als die Parteien berechtigt sind, über den Gegenstand des Streites einen Vergleich zu schließen.
(2) Eine Schiedsvereinbarung über Rechtsstreitigkeiten, die den Bestand eines Mietverhältnisses über Wohnraum im Inland betreffen, ist unwirksam. Dies gilt nicht, soweit es sich um Wohnraum der in § 549 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestimmten Art handelt.
(3) Gesetzliche Vorschriften außerhalb dieses Buches, nach denen Streitigkeiten einem schiedsrichterlichen Verfahren nicht oder nur unter bestimmten Voraussetzungen unterworfen werden dürfen, bleiben unberührt.“
Für die Durchführung eines schiedsgerichtlichen Verfahrens müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein:
Die Parteien können wählen, ob sie sich zur Belegung ihrer Streitigkeit an ein bereits bestehendes Schiedsgericht wenden möchten (institutionelles Schiedsgericht“), oder aber ob sie eines gründen möchten, welches ausschließlich für ihren Streitfall zuständig ist („Ad-hoc-Schiedsgericht“ oder „Gelegenheitsschiedsgericht“).
Ist die diesbezügliche Entscheidung gefallen, so reichen die Parteien ihre Schiedsklage ein. Die Schiedsrichter bestimmen Ort und Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung, zu dem neben den beiden Parteien gegebenenfalls auch Sachverständige geladen werden. Die mündliche Verhandlung selbst ist nicht öffentlich.
Es obliegt dem Schiedsgericht, zu entscheiden, ob überhaupt eine mündliche Verhandlung stattfinden soll. Eine gesetzliche Grundlage bietet der § 1047 ZPO:
„(1) Vorbehaltlich einer Vereinbarung der Parteien entscheidet das Schiedsgericht, ob mündlich verhandelt werden soll oder ob das Verfahren auf der Grundlage von Dokumenten und anderen Unterlagen durchzuführen ist. Haben die Parteien die mündliche Verhandlung nicht ausgeschlossen, hat das Schiedsgericht eine solche Verhandlung in einem geeigneten Abschnitt des Verfahrens durchzuführen, wenn eine Partei es beantragt.
(2) Die Parteien sind von jeder Verhandlung und jedem Zusammentreffen des Schiedsgerichts zu Zwecken der Beweisaufnahme rechtzeitig in Kenntnis zu setzen.
(3) Alle Schriftsätze, Dokumente und sonstigen Mitteilungen, die dem Schiedsgericht von einer Partei vorgelegt werden, sind der anderen Partei, Gutachten und andere schriftliche Beweismittel, auf die sich das Schiedsgericht bei seiner Entscheidung stützen kann, sind beiden Parteien zur Kenntnis zu bringen.“
Die allgemeinen Verfahrensregeln für ein Schiedsverfahren werden gemäß § 1042 ZPO geregelt:
„(1) Die Parteien sind gleich zu behandeln. Jeder Partei ist rechtliches Gehör zu gewähren.
(2) Rechtsanwälte dürfen als Bevollmächtigte nicht ausgeschlossen werden.
(3) Im Übrigen können die Parteien vorbehaltlich der zwingenden Vorschriften dieses Buches das Verfahren selbst oder durch Bezugnahme auf eine schiedsrichterliche Verfahrensordnung regeln.
(4) Soweit eine Vereinbarung der Parteien nicht vorliegt und dieses Buch keine Regelung enthält, werden die Verfahrensregeln vom Schiedsgericht nach freiem Ermessen bestimmt. Das Schiedsgericht ist berechtigt, über die Zulässigkeit einer Beweiserhebung zu entscheiden, diese durchzuführen und das Ergebnis frei zu würdigen.“
Die Durchführung eines schiedsgerichtlichen Verfahrens erfolgt anhand des Schiedsverfahrensrechts („Lex Arbitri“), welches in dem Ländergesetzen geregelt ist.
Der Schiedsspruch, welcher von dem Schiedsgericht gesprochen wird, ist gleichzusetzen mit einem rechtskräftigen Urteil. Somit können keine Rechtsmittel gegen ihn eingelegt werden. Der Schiedsspruch ist immer schriftlich zu verfassen. Er muss neben der Datums- und Ortsangabe auch die Unterschriften von allen Schiedsrichtern enthalten. Darüber hinaus bedarf der Schiedsspruch einer Begründung. Ausnahmen bestehen lediglich in jenen Fällen, in denen die Parteien ausdrücklich darauf verzichtet haben.
Sollte ein triftiger Grund vorliegen, kann ein Schiedsspruch innerhalb von drei Monaten nach Zustellung vom zuständigen Gericht aufgehoben werden. Ein diesbezüglicher Antrag ist schriftlich zu stellen. Sollte dieser sich als begründet erweisen, gibt das Gericht den Rechtsstreit zurück an das Schiedsgericht mit der Bitte um eine erneute Entscheidung.
Liegt eine Schiedsvereinbarung vor und wird dennoch Klage vor einem staatlichen Gericht erhoben, so muss diese als unzulässig abgewiesen werden, wenn sich der Beklagte auf den Schiedsvertrag beruft. Rechtliche Grundlage hierfür ist der § 1032 ZPO:
„(1) Wird vor einem Gericht Klage in einer Angelegenheit erhoben, die Gegenstand einer Schiedsvereinbarung ist, so hat das Gericht die Klage als unzulässig abzuweisen, sofern der Beklagte dies vor Beginn der mündlichen Verhandlung zur Hauptsache rügt, es sei denn, das Gericht stellt fest, dass die Schiedsvereinbarung nichtig, unwirksam oder undurchführbar ist.
(2) Bei Gericht kann bis zur Bildung des Schiedsgerichts Antrag auf Feststellung der Zulässigkeit oder Unzulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens gestellt werden.
(3) Ist ein Verfahren im Sinne des Absatzes 1 oder 2 anhängig, kann ein schiedsrichterliches Verfahren gleichwohl eingeleitet oder fortgesetzt werden und ein Schiedsspruch ergehen.“
Zu beachten ist, dass gemäß § 1033 ZPO „eine Schiedsvereinbarung nicht ausschließt, dass ein Gericht vor oder nach Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens auf Antrag einer Partei eine vorläufige oder sichernde Maßnahme in Bezug auf den Streitgegenstand des schiedsrichterlichen Verfahrens anordnet.“
Zwischen den Parteien kann während des schiedsgerichtlichen Verfahrens ein Vergleich geschlossen werden. Ist dies der Fall, kommt § 1053 ZPO zum Tragen:
„(1) Vergleichen sich die Parteien während des schiedsrichterlichen Verfahrens über die Streitigkeit, so beendet das Schiedsgericht das Verfahren. Auf Antrag der Parteien hält es den Vergleich in der Form eines Schiedsspruchs mit vereinbartem Wortlaut fest, sofern der Inhalt des Vergleichs nicht gegen die öffentliche Ordnung (ordre public) verstößt.
(2) Ein Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut ist gemäß § 1054 zu erlassen und muss angeben, dass es sich um einen Schiedsspruch handelt. Ein solcher Schiedsspruch hat dieselbe Wirkung wie jeder andere Schiedsspruch zur Sache.
(3) Soweit die Wirksamkeit von Erklärungen eine notarielle Beurkundung erfordert, wird diese bei einem Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut durch die Aufnahme der Erklärungen der Parteien in den Schiedsspruch ersetzt.
(4) Mit Zustimmung der Parteien kann ein Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut auch von einem Notar, der seinen Amtssitz im Bezirk des nach § 1062 Abs. 1, 2 für die Vollstreckbarerklärung zuständigen Gerichts hat, für vollstreckbar erklärt werden. Der Notar lehnt die Vollstreckbarerklärung ab, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 2 nicht vorliegen.“
Ein schiedsgerichtliches Verfahren ist im Kern vergleichbar mit einem staatlichen Gerichtsverfahren, allerdings ist es wesentlich schneller und gestraffter.
Es bestehen bei schiedsgerichtlichen Verfahren viele Vorteile gegenüber staatlicher Gerichtsbarkeiten:
Neben den Vorteilen eines schiedsgerichtlichen Verfahrens bestehen auch Nachteile:
Die Schiedsgerichtsbarkeit ist im Bereich des internationalen Wirtschaftsverkehrs von großer Bedeutung, wofür diverse Gründe bestehen:
Bei internationalen schiedsgerichtlichen Verfahren haben die Parteien die Möglichkeit, ihren Schiedsvertrag nach den jeweiligen Gesetzen ihres Landes, einer Mischung aus diesen oder komplett frei zu gestalten. Sollte eine diesbezügliche Vereinbarung jedoch nicht getroffen worden sein, so entscheiden die Schiedsrichter anhand der Gesetze jenes Landes, welches am meisten Anteile am Gegenstand des Verfahrens hat.
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